Siebenbürgen

Siebenbürgen

Siebenbürgen (ungar. Erdely Orszag d.h. Waldland, lat. Transsylvania), österr. Kronland, ist 1054 QM. groß u. zählt 2285572 E. (1855). S. ist vollständiges Gebirgsland, von Gebirgen rings umgeben, durch welche 18 Pässe (2 in die Bukowina, 3 in die Moldau, 6 in die Walachei, 7 nach Ungarn) in die angränzenden Länder führen, von Gebirgen nach allen Richtungen durchzogen; vgl. darüber Karpathen. Von den Flüssen geht die Aluta in die Donau, die schiffbare Maros u. die Szamos in die Theiß, die Bistritz in den Sereth. Die Thäler sind sehr fruchtbar. Zur Ausfuhr kommen: Getreide, namentlich Mais (Kukurutz), Tabak, treffliches Obst; aus den ungeheuren Waldungen Eichenholz; ferner Rinder, Pferde, Schafe, Schweine, Häute, Honig u. Wachs. Das Mineralreich bietet eine Ausbeute wie nirgends sonst in Europa; von dem ungeheuren Salzstocke, der sich bis Ungarn, Galizien u. die Walachei erstreckt, werden jährlich über 11/2 Mill. Ctr. gewonnen; außerdem gibt es 120 Salzbrunnen. Der Bergbau auf Gold und die Wäscherei ergibt jährlich gegen 4000, auf Silber 5000 Mark; außerdem baut man auf Eisen, Kupfer, Blei, Antimon, Arsenik, Quecksilber, Zinn, Marmor, Gyps, Tuff, Mühlsteine, Schwefel, Asphalt, Alaun, Salpeter und Steinkohlen. Von Edelsteinen findet man Chrysolithe, Amethyste, Granaten, Achate, Carneole. Chalcedone. Die Mineralquellen sind außerordentlich zahlreich. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung (1226000) besteht aus Walachen, s. Romänen; die Ungarn u. stammverwandten Szeklerzählen 440000, die Sachsen 170000, die Juden fast 16000 Seelen; außerdem gibt es eine ziemliche Anzahl Zigeuner, Armenier, Bulgaren, Serben, Griechen. Der Religion nach zählt man 868000 Katholiken u. unirte Griechen, 638000 nichtunirte Griechen, 198000 Lutheraner, 295000 Reformirte, 46000 Unitarier. Politisch ist S. in 10 Kreise eingetheilt: Hermannstadt, Broos, Karlsburg, Klausenburg, Szilagy-Somlyo, Dees, Bistritz, Maros-Vasarhely, Udvarhely und Kronstadt. S. war ein Theil des alten Dacien, wurde mit demselben durch Kaiser Trajan römische Provinz, dann von Gothen, Hunnen, Lombarden, Gepiden, Avaren, Kumanen, Petschenegen besetzt, 1002 n. Chr. durch König Stephan den Heiligen erobert und blieb bei Ungarn bis 1526. Unter König Geysa II. wanderte um 1142 eine ziemliche Anzahl Deutscher, besonders vom Niederrhein her nach S., und gründeten die 7 Städte (Burgen, daher der Name S.): Hermannstadt, Klausenburg, Kronstadt, Bistritz, Mediasch, Mühlenbach und Schäsburg. Diesen Deutschen (Sachsen) verdankt S. den größten Theil seiner Kultur; was von Industrie und Gewerbe vorhanden ist, ist fast ausschließlich in den Händen der Sachsen. 1526 wurde der Woiwode von S., Johann Zapolya, von einem Theil des ungar. Adels König Ferdinand I. entgegengestellt und behauptete mit türk. Hilfe S. als unabhängiges Wahlfürstenthum (1538). So blieb es 154 Jahre lang, bald unter türk., bald unter kaiserlicher Schutzherrlichkeit, der Kampfpreis zwischen beiden Großmächten, bis Leopold I. 1687 es unterwarf; der letzte Fürst, Michael Apafi II., trat 1699 Land und Würde gegen ein Jahresgeld an Leopold I. ab und seitdem vereinigen die österr. Regenten die Fürstenwürde in ihrer Person. Die Verfassung des Landes (1765 zum Großfürstenthum erhoben) war der ungar. sehr ähnlich, jedoch mit weniger Einschränkung der landesherrlichen Gewalt; eingetheilt war S. in das Land der Ungarn, Szekler und Sachsen (die 3 recipirten Nationen), das der Ungarn in Comitate, die anderen in Stühle. Der Landtag bestand aus dem Gubernium, der Gerichtstafel, den Obergespanen der Comitate u. den Kapitänen der Distrikte; den Ober- Königsrichtern der Szekler Stühle; den Regalisten, welche der Landesherr aus dem begüterten, wenn auch nicht in Diensten stehenden Adel ernannte; den Deputirten des Karlsburger Domkapitels; aus je 2 Deputirten für die einzelnen Comitate u. Distrikte der Ungarn, die Stühle der Szekler, die Stühle und Distrikte der Sachsen; aus 2 Deputirten von jeder der 5 königl. Freistädte und von jedem der 23 sog. Taxalörter. Die Reformen des Kaisers Joseph II. waren von kurzer Dauer; 1848 betheiligten sich die Ungarn und Szekler an der ungar. Revolution, wodurch besonders die Sachsen litten, welche für den Landesherrn die Waffen ergriffen hatten. Durch die Reichsverfassung vom 4. März 1849 wurde S. von Ungarn getrennt und selbständiges Kronland, auch hörte die siebenbürgische Militärgränze auf. (Vergl. die Werke von Gebhardi u. Kövary sowie die Geschichtsbücher über den Kaiserstaat.)


http://www.zeno.org/Herder-1854.

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  • Siebenbürgen — Siebenbürgen, das Großfürstenthum, eine 1100 Quadrat M. große, von 2 Mill. Einw. bevölkerte, von den fast unübersteiglichen karpathischen Gebirgwaldungen umschanzte, östreichische Provinz zwischen Ungarn, der Bukowina, der Wallachei und der… …   Damen Conversations Lexikon

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  • Siebenbürgen — In Siebenbürgen ist kein Zaunstecken, der nicht Friedrich I. einen Thaler gekostet hat. – Berckenmeyer, 397 …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

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