Braunschweig [1]

Braunschweig [1]

Braunschweig, das Herzogthum, der 12. Staat im deutschen Bunde besteht aus nicht weniger als 9 von einander getrennten Theilen bei einem Flächeninhalt von wenig über 67 QM. Das größte Stück liegt zwischen hannöv. und preuß. Gebiete, das zweitgrößte zwischen preuß., hannöv. Gebiete und Waldeck, das dritte zwischen Preußen, Hannover und Anhalt; die 6 kleineren Stücke liegen zwischen hannöv. und preuß. Gebiete zerstreut. B. liegt zum Theil im Harze, der am nordwestl. Rande Communionharz heißt. weil der mineralische Betrieb Hannover und B. gemeinschaftlich gehört; die Gewässer des Landes fließen größtentheils in die Weser ab, der kleinere Theil in die Elbe; Hauptfluß ist die Ocker. Das Klima ist das norddeutsche. gesund, auf dem Gebirge rauh. An Erzeugnissen ist B. ziemlich reich; der Bergbau liefert eine jährliche Ausbeute von 5 Mark Gold. 1600 M. Silber, 1420 Ctr. Kupfer, 2320 Ctr. Blei, 2560 Ctr. Glätte, 65000 Ctr. Roheisen. 40 Ctr. Zink. 3650 Ctr. Vitriole, 790 Ctr. Schwefel; überdies werden 1500 Lasten Salz gewonnen. Auch an Stein- und Braunkohlen ist kein Mangel. eben so wenig an Kalk u. Gyps. Der Landbau liefert Getreide aller Art, Flachs, Rübsamen, Tabak, Hopfen, Hülsenfrüchte; die Viehzucht. namentlich die Pferdezucht, ist blühend. Die Industrie verarbeitet hauptsächlich Landeserzeugnisse, Flachs, Wolle, Tabak, Runkelrüben und die Metalle des Harzgebirges; bedeutenden Handel hat nur die Stadt B. Die Einwohnerzahl betrug nach der 1852 vorgenommenen Zählung 267177, von kräftigem niedersächs. Schlage, fast durchgehends dem luther. Bekenntnisse angehörig. Die Regierungsform des Herzogthums ist die monarchisch-constitutionelle; die Landesversammlung, welche mit dem Monarchen das Recht der Gesetzgebung u. Besteuerung theilt, besteht aus 46 Abgeordneten, nämlich aus 10 von den Stadtgemeinden, 12 von den Landgemeinden, 21 von den Höchstbesteuerten und 3 von der evang. lutherischen Kirche. Es gibt in B. nur eine Kammer. Zur Berathung von Gesetzesentwürfen und Landesangelegenheiten, sowie zur Entscheidung von Competenzstreitigkeiten besteht eine Ministerialcommission, zusammengesetzt aus den Ministern. den Directoren der Landescollegien und den von dem Herzog besonders ernannten Beamten. Eingetheilt ist das Herzogthum in 6 Kreise: B., Wolfenbüttel, Helmstedt, Holzminden, Blankenburg, Gandersheim. Die Staatseinkünfte betragen nach dem Budget von 1852 = 18178332 Thlr. u. 133000 Thlr. Ueberschuß aus dem Kammergute; die Ausgaben sind zu dem gleichen Satze berechnet. Die Staatsschuld beträgt 6444349 Thlr. Landes- und 2025108 Thlr. Kammerschuld, das Papiergeld 1 Mill. Thlr. Das Militär beträgt auf dem Kriegsfuße 5360 Mann, im Frieden 2720, darunter 1 Husarenregiment und 12 Geschütze; nach der mit Preußen auf 12 Jahre 1848 abgeschlossenen Convention gehört die braunschw. Brigade zur preuß. Division von Magdeburg. – Geschichte. Das Herzogthum B. entstand aus den Allodialgütern der Welfen, welche Heinrich dem Löwen nach seiner Aechtung 1194 überlassen wurden. eigentlich erst 1235, als Kaiser Friedrich II. den Enkel des Löwen, Otto das Kind, mit dem Herzogthum B.-Lüneburg belehnte. Dessen Sohn Albrecht gründete die ältere Wolfenbütteler Linie, die sich wieder in die von Osterode und Grubenhagen theilte, die 1452 und 1596 erloschen. – Albrecht der Fette, Sohn des Stifters der Wolfenbütteler Linie, gründete 1286 die Linie B.-Göttingen, erbte 1292 seinen kinderlosen Bruder Heinrich von Wolfenbüttel, aber schon seine Söhne theilten wieder; Ernst gründete die neue Linie Göttingen, die 1463 erlosch, Magnus I. die von Wolfenbüttel; sein gleichnamiger Sohn fiel 1372 bei Leveste im Lüneburger Erbfolgekriege, denn Lüneburg-B. war 1334 erloschen. Von dessen Söhnen gründete Heinrich die mittlere Linie B., Bernhard Lüneburg. B. theilte sich wieder in die Kalenbergische und Wolfenbütteler Linie, welche 4589 und 1697 erloschen. Die Lüneburger Linie theilte sich in B.-Harburg und B.-Gifhorn, die 1542 und 1549 erloschen, und Heinrich der Bekenner vereinigte das ganze Lüneburgische Erbe. Dessen junger Sohn Wilhelm ist der Stifter der jüngeren Lüneburger Linie, des jetzigen Hauses Hannover, der ältere, Heinrich, der neuen Linie B.-Wolfenbüttel, aus der 1733 die appanagirte Nebenlinie B.-Bevern zur Nachfolge gelangte. Herzog Karl Wilhelm Ferdinand, seit 1780 regierend, ist der bekannte unglückliche preuß. Feldmarschall, der 1807 bei Auerstädt tödtlich verwundet wurde. Nach dem Tilsiter Frieden wurde B. ein Theil des Königreichs Westfalen und blieb es bis nach der Schlacht von Leipzig. Für den minderjährigen Sohn des bei Quatrebras gefallenen Friedrich Wilhelm, Karl, führte der Prinzregent von Großbritannien die Regentschaft bis 1823. Karl gerieth bald in Streit mit seinem ehemaligen Vormunde, den von diesem eingesetzten Ministern, verdarb es mit dem Adel vollständig, kam in Zwist mit den Ständen und wurde den 7. Sept. 1830 durch einen von dem Adel geleiteten Aufstand der Hauptstadt vertrieben. Sein Bruder Wilhelm übernahm mit Beistimmung der Agnaten u. des deutschen Bundes die Regierung; 1832 erhielt B. seine jetzige Verfassung und 1842 trat es in den deutschen Zollverein. (Havemann, Geschichte der Lande B. und Lüneburg. Lüneburg 1837.)


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