Cholera

Cholera

Cholera, Brechruhr. Unter diesem Namen begreift man 2 ihrem Wesen nach vollkommen verschiedene Krankheiten, die beide jetzt bei uns besonders epidemisch vorkommen. Die eine, gewöhnliche C. (C. europaea) ist der in heißen Sommern bei Kindern wie Erwachsenen nicht seltene Brechdurchfall, Gallenruhr (s. Brechruhr). – Die andere, C. asiatica od. orientalis ist die allbekannte verheerende Weltseuche, welche, in Ostindien (Bengalen) einheimisch, seit 1817 in verschiedenen Malen nach Norden (Rußland) sich verbreitete und von da nach Westen die Erde umkreiste, zumeist den Flußgebieten ins Binnenland folgte, u. häufig die epidemische Grippe (Influenza) zum Vorboten hatte. Es ist diese Krankheit in ihren intensivsten Formen der höchste Grad u. die rascheste Art des Zerfalles des Blutlebens, somit als oberster Repräsentant der Typhuskrankheit zu betrachten. Als Ursache der epidemischen Wanderung nimmt man, auf naturwissenschaftliche Beobachtungen sich stützend, eine durch erdmagnetische Veränderungen bedingte plötzliche Verminderung, ja selbst Annulirung der Erd- und atmosphärischen Electricität an, weßhalb auch plötzliches Erkranken u. zahlreiches Sterben von kleinen Thieren, Fischen, Vögeln etc. als Voranzeichen des C.ausbruches wahrgenommen werden. Damit stimmen die allseitigsten Widerlegungen der früher vermeinten Ansteckungskraft der C. überein. Bei epidemischem Ausbruch dieser Krankheit sind alle Leute denselben unsichtbaren, intensiv schädlichen Einflüssen ausgesetzt. Wirkliche Erkrankung findet besonders gerne bei den Personen statt, welche schon eine zum Typhus hinneigende Aenderung ihres körperlichen Befindens besitzen, wo dann statt dem gewöhnlichen Typhus diese Krankheit in solchen Zeiten ausbricht, sich oft später in die gewöhnlichere Form mehr umwandelnd. Zumeist erkranken unregelmäßig lebende, schlecht genährte und geschwächte Leute. Aber auch völlig Gesunde werden bei der, in diesen Zeiten allgemein veränderten, Lebensstimmung durch verkehrte, die Verdauungsorgane direkt durch schädliche Nahrung und Getränke, oder indirekt durch Erkältung störende Lebensweise in Menge von dem leichteren od. höheren Grade der C. befallen. – Zweckdienlich ist deßhalb beim Ausbruche der C. das Publikum jeweils über geeignete Lebensweise zu belehren, und vor den erfahrungsmäßigen Schädlichkeiten zu warnen, ebenso einigermaßen mit gutem Rath zur raschen Beseitigung leichterer Störungen an die Hand zu gehen. – Die zum Schutze wider die C. gegebenen Rathschläge dürfen aber nicht so extrem sein, daß z.B. vor lauter Verbot der Nahrungsmittel den Leuten gar keine mehr ohne Angst zu genießen übrig bleiben. Einfach kurze Lebensvorschriften, den Jahreszeiten, ihren jeweiligen Erträgnissen u. sonstigen Verhältnissen angepaßt, von erfahrenen Aerzten veröffentlicht, werden mehr Nutzen leisten, als größere Schriften mit zumeist nicht oder halbverstandenen oder von den Einzelnen nicht ausführbaren Vorbeugungsregeln. – Reinlichkeit, fleißige Auslüftung der Wohnungen, Beibehaltung der gewohnten Ordnung, oder Regelung des ganzen Lebensganges, Mäßigkeit in Nahrung und Getränke, Auswahl milderer leicht verdaulicher aber nahrhafter Kost, Verhütung der Erkältung, besonders Wärmerhalten des Unterleibes, Vermeidung von Schwächung durch Ausschweifungen, Trunkenheit, Uebermüdung etc. sind für den Einzelnen die nützlichsten Rathschläge für solche Zeiten zur Verhütung der Erkrankung. Noch strenger muß ihnen gefolgt werden, wenn man von dem leichteren Grade, der choleraischen Diarrhoe (Cholerine), wirklich ergriffen wird, deren Uebergang in die schwereren Formen sich durch Ruhe und Wärme im Bett, strenge Diät, einfaches, warmes, schweißerregendes Getränke, schleimige Mittel, und eine passende Gabe Opium meist verhüten läßt. – Die schwereren Grade der C. treten unter verschiedenen Form en auf, u. verlangen jedenfalls schleunigste ärztliche Hilfe, wenn Rettung erzielt werden soll. – Man unterscheidet die erethische, zu Naturheilbestrebung mehr geneigte Form, die exquisite, spastische (in ihrem höchsten Grade die sogen. C. sicca), welche durch Blutstockungen im Gehirn, Lungen, Herzen, und Lähmungstendenz sich auszeichnet (darum auch C. congestiva s. asphyctica s. paralytica genannt), und den, bei nicht rasch erfolgendem Tod aus den schweren Graden sich entwickelnden, choleraischen Typhus, dem ebenfalls viele Kranke noch unterliege n. – Bei rechtzeitiger Unterscheidung der Form und rascher Hilfe lassen sich selbst von den höheren Graden der Krankheit Befallene noch mannigfach retten. Im Anfange einer Epidemie sind die lähmungsartigen Formen (C. paralytica) die häufigsten, und nicht selten vor der Hilfeleistung schon tödtend. – Die bei allen Formen mehr od. weniger hervortretenden Haupterscheinungen der Krankheit sind nun folgende: Druck und oft glühender Schmerz in der Herzgrube, Krämpfe in den Gliedmaßen, besonders den Waden, heftiges Erbrechen und Durchfälle von anfangs noch mit Magen- und Darminhalt gemischter, beim weiteren Verlaufe aber völlig wässeriger, weißlicher, flockiger, dem Reiswasser ähnlicher Flüssigkeit in ungeheurer Menge. Gleichzeitig kommen die Erscheinungen allgemeiner körperlicher Erschöpfung, eingefallenes Gesicht, tief liegende, von schwarzen Ringen umgebene Augen, Verschwinden alles Lebensturgors im Zellgewebe u. der Haut, Runzligwerden, Kälte und bleigraue Färbung der Haut, klanglose, verfallene Stimme; die fürchterlichsten Krämpfe, besonders in den Waden, martern den Kranken, dazu kömmt heftiger Durst bei trockener Zunge u. geringe od. ganz fehlende Harnabsonderung; der Puls ist klein od. ganz unfühlbar. Unter Zunahme dieser Erscheinungen, der Brustbeklemmung, Herzklopfen, Herzangst (Lufthunger), bei Marmorkälte, Ohnmacht erfolgt endlich oft sehr schnell der Tod. Im Falle der Genesung aber kehrt wieder Wärme und Leben in die Haut, der Puls hebt sich, die Harnabsonderung und Schweiß stellen sich ein, und die Ausleerungen werden nach und nach fester und fäculenter. Der Tod kann jedoch noch später durch Nachkrankheiten unter den angeführten typhösen Erscheinungen erfolgen. – In den Leichen der an der C. Gestorbenen findet man das Blut dunkel, dick und zäh, oft pechartig, den Dünndarm ausgedehnt von Luft und jener flockigen, reiswasserähnlichen Flüssigkeit (ausgeschwitztem Blutwasser mit abgeschälten Darmepithelien), das Herz und die großen Gefäße mit zähem, schwärzlichem Blute angefüllt.


http://www.zeno.org/Herder-1854.

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